Kennen Sie schon Bellerophon?

Bellerophon, Akt I

Der antike Held Bellerophon, oder Bellerophontes, gehört zu den größten und ältesten Heroen der griechischen Mythologie. In sein Epos fließen typische Elemente griechischer Epen mit kleinasiatischen Märchen zusammen, in Korinth und Kleinasien gilt er als Stammvater. Während der Held aber in der Antike über Jahrhunderte sich überregional großer Popularität erfreute, gehört er in unseren Tagen eher zu jenen Helden, die man (wenn überhaupt) eher als Randerscheinung wahrnimmt.

Bellerophon begins (somehow)…

Wie bei vielen anderen Heldenkollegen auch ist bei Bellerophon gerade die Frage der Herkunft nicht eindeutig zu beantworten. Als Väter werden wahlweise Poseidon selbst, oder König Glaukos von Ephyra (das spätere Korinth) genannt, was Bellerophon dann zu einem Enkel des Sysiphos machte. Noch lückenhafter steht es um Kindheit und Heranwachsen, über die man gar nichts zu berichten weiß, nur dass unser Held noch nicht Bellerophon hieß – sondern möglicherweise Hipponoos. Und damit war´s das auch schon.

Die Sache mit dem Pegasos.

Als handelnde Person tritt Bellerophon nämlich erst als junger Mann in Erscheinung. Während andere sich mit einem Pony begnügen, träumt unser Held bereits heroischer: Er sehnte sich danach, das unsterbliche, geflügelte Pferd Pegasos zu reiten. Und damit sind wir auch schon bei der ersten der beiden wichtigsten Tat des Helden.

Bellerophon reitet auf Pegasos.Indes erwies sich Pegasos für gewöhnliche Menschen als nicht zu bändigen. Auch Bellerophon hätte sich vermutlich die Zähne daran ausgebissen, wenn er nicht auf den Seher Polyeidos gehört hätte. Der riet ihm zu einer Übernachtung auf dem Altar der Athene, wo Bellerophon die Lösung des Problems erträumte. Sie wird am nächsten Morgen prompte Wirklichkeit, indem unser junger Held ein goldenes Zaumzeug als Gabe der Athene findet und dafür – wie geträumt – dem Poseidon einen Stier opfert. Der Rest erscheint unkompliziert: Bellerophon findet Pegasos nahe einer Quelle und legt ihm einfach das Zaumzeug um. Fertig.

Das einzig Interessante an dieser zugegebenermaßen etwas lahmen Tat ist das Mittel der Bändigung: Das Besondere an dem Zaumzeug ist weniger, dass es aus Gold ist, sondern vielmehr, dass es das erste historisch überlieferte Zaumzeug überhaupt ist. Vorsprung durch Technik also.

Auf der Flucht.

Als nächstes begegnen wir Bellerophon als Flüchtling am Hofe des alten Königs Proitos von Tiryns. Der Grund dafür – üblicherweise Totschlag bzw. Mord im Affekt – erscheint bemerkenswert nebensächlich, vor allem wenn man die Auswahl der Opfer bedenkt, auf die ich weiter unten noch zu sprechen komme. Wichtig sind nur zwei Dinge: Einerseits „reinigt“ der alte König den Helden; das ist ein gängiges Topos in antiken Heldenmythen. Andererseits verguckt sich Proitos’ Gemahlin Stheneboia in den Jungspund, der aber ihre Nachstellungen zurückweist. Diese denunziert ihn im Gegenzug als Vergewaltiger und fordert seine Hinrichtung.

Nicht zuletzt durch das Gastrecht sichtlich gehemmt versucht Proitos der Sache Herr zu werden, indem er Bellerophon nach Lykien an den Hof seines Schwiegervaters Iobates schickt. Also macht sich der junge Held mit einem versiegelten Brief für den lykischen König auf nach Kleinasien, ohne zu wissen, dass in dem Schreiben der Empfänger angewiesen wird, den Überbringer zu töten.

Luftkrieg in Lykien.

In Lykien wird Bellerophon von König Iobates freundschaftlich empfangen und bewirtet. Der liest erst am neunten Tag das Schreiben und steckt nun in der gleichen Zwickmühle wie sein Schwiegersohn. Wie wird er also Bellerophon los, gegen den er persönlich gar nichts hat? Also bürdet Iobates unserem Helden eine scheinbar unlösbare Aufgabe auf: Er soll das Ungeheuer Chimära bekämpfen, das mit seinem feurigem Atem das Land verwüstet. Doch dank seiner einzigartigen Mobilität durch Pegasos gelingt es Bellerophon, das Monster in einem Jahrhundertmatch zu töten.

Die Chimäre des Bellerophon als Malerei auf einer Vase.Allein bei der Methode sind sich die antiken Autoren wieder uneinig: In einigen Fassungen spickt er das Untier mit Pfeilen, in anderen gießt er flüssiges Blei in den Schlund oder stopft das giftige Schwermetall mit dem Speer hinein. Als Iobates’ Rechnung nicht aufgeht, entsendet er Bellerophon zwei weitere Male gegen Feinde des Reiches, die hier vor allem durch ihre große Masse eine Gefahr darstellen. Doch sowohl gegen die kriegerischen Solymer als auch gegen die Amazonen bleibt der Held siegreich, und auch hier ist Pegasos stets der Schlüssel zum Erfolg. Als Bellerophon auf der Rückreise von seiner letzten Aufgabe auch noch einen Überfall von Iobates’ Kriegern zurückschlägt, ist dieser von der göttliche Herkunft des Helden endgültig überzeugt. Und so verheiratet er ihn mit seiner Tochter und tritt Bellerophon die Hälfte seines Reiches ab.

Kein Happy-End für den Helden.

Jetzt wird es recht weltlich für Bellerophon, der das Heldenhandwerk nun an den Nagel zu hängen scheint. Als Herrscher und Familienvater scheint das Grimmsche Ende-gut-alles-gut vorprogrammiert. Doch leider ist dem antiken Fliegerass weder Zufriedenheit im Alter noch ein Ende mit Paukenschlag bestimmt. Einer seiner beiden Söhne fällt im Kampf, und später verliert Bellerophon auch noch seine Tochter. Als er schließlich versucht, mit Pegasos den Olymp zu erreichen, provoziert er die Götter, vornehmlich Zeus, so dass letzterer Bellerophons Sturz vom Pferd durch eine Bremse (das Insekt) verursacht.

Den traurigen Rest seiner Tage wandert der den Götter nun verhasste Bellerophon blind, einsam und verbittert durch die Welt.

Weiter geht’s in der nächsten Woche…