Toby Ziegler und das Abfallproblem

Ich bin demnächst wahrscheinlich weg. Ich traf nämlich heute  einen sehr dezenten Mann in der Bahn. Er trug einen dezenten Anzug mit dezenter Krawatte und laß sehr dezent einen offiziellen Bericht. Ab und an summte sein Telefon (dezent), denn seriöse Handys klingeln nicht, sie summen. Er sprach dann überaus dezent englische Anweisungen hinein. “Yes. Do it. Call me.” Kurze Zeit später: “Fine. Carry on.” Er war mindestens Geheimagent. Solche Menschen erkennt man nämlich daran, dass sie am Telefon niemals ihren Namen sagen und auch keine Verabschiedung benötigen. Ganz gleich, was Muttern früher sagte.

Toby Ziegler, Kommunikationschef des weißen HausesIch kam schließlich drauf. Es war Toby Ziegler, der Kommunikationschef des Weißen Hauses. Ich erkannte ihn am Vollbart, an der hohen Stirn und an diesen dunklen Augen.

Keine Ahnung, was er um 8.30 MEZ im Regionalexpress Köln-Düsseldorf macht. Das wäre sowieso geheim. Er versuchte jedenfalls, seinen Kaffebecher in den wandmontierten Mülleimer zu befördern, scheiterte aber leider am Klappmechanismus . Ich half aus. Als hilfsbereiter Bürger, als Veteran transitärer Unratsentsorgung, als Europäer von Format konnte ich ihm die rechte Nutzung der Abfallentsorgungsmechanik demonstrieren. Er dankte es mit einem gutväterlichen Lächeln, eine frische Ergänzung zu seiner sonst unnachahmlichen Art.

Ich werde nun wahrscheinlich in den nächsten Tagen einen Anruf bekommen, in dem genau diese Expertise gefragt sein wird: Die Lösung eines welthistorischen Problems, das mich über die Grenzen Deutschlands hinaus bis in das Büro des amerikanischen Presidenten bringen wird. Bei der Krisensitzung im Situation Room des Westflügels nämlich wird Toby nach der Schilderung der Situation und einer dramatischen Schweigepause, die den Ernst der Lage und die Ratlosigkeit Aller noch einmal demonstriert, sich ruckartig meiner erinnern. “Mrs. Landingham, geben sie mir bitte eine Leitung nach Europa.” Und dann muss ich los.